Recht auf jederzeitige Kontoeinsicht des Wohnungseigentümers (OGH 5 Ob 11/08s, OGH 5 Ob 169/15m)

1. Weil der (Wohnungseigentums-)Verwalter Machthaber iSd §§ 1002ff ABGB ist, hat dieser auch alle diesbezüglichen Rechte und Pflichten. Aus den zu § 1012 ABGB entwickelten Grundsätzen folgt, dass dem einzelnen Wohnungseigentümer Einsicht in die Belege des vom Verwalter für die Eigentümergemeinschaft geführten Kontos zu gewähren ist, „sooft dieser es verlangt“.
2. Dieses Recht auf Einsicht in die Belege ist nach § 20 Abs 6 WEG weder auf bestimmte Zeiträume, noch auf das Vorliegen von wichtigen Gründen beschränkt. Für eine Koppelung der Einsicht in die Kontobelege mit der Belegeinsicht hinsichtlich der (jährlichen) Abrechnung nach § 34 Abs 1 WEG fehlt jeder legistische Hinweis.
3. Das Recht auf jederzeitige Einsicht in die Kontobelege findet lediglich seine Grenze im Schikaneverbot (Rechtsmissbrauch; § 1295 Abs 2 ABGB).
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Wollte man daraus ableiten, der Wohnungseigentümer müsse vorweg gegenüber dem Verwalter einen Grund für sein Interesse anführen, der geeignet ist, das Interesse des Verwalters an einem „störungsfreien Bürobetrieb“ in den Hintergrund treten zu lassen, so würde man negieren, dass die Beweislast für Rechtsmissbrauch bei demjenigen liegt, der sich darauf beruft (vgl etwa RIS-Justiz RS0026205). Nach dem Grundsatz der „subjektiven Günstigkeit der Norm“ liegt es am Verwalter, Umstände darzutun, die eine Beschränkung des Rechts auf jederzeitige Kontobelegeinsicht rechtfertigen. Der Verwalter wird aber gut daran tun, sich darauf gar nicht einzulassen und die Voraussetzungen für eine jederzeitige Einsichtnahme in die Kontobelege zu schaffen, zumal die Schwelle, ab welcher ein krasses Missverhältnis der Rechtsausübung anzunehmen ist, eine nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilende – also idR keine erhebliche – Rechtsfrage ist (vgl RIS-Justiz RS0110900). Eine unbegründete (fortgesetzte) Weigerung geht in die Richtung einer groben Pflichtverletzung iSd § 21 Abs 3 WEG, die eine sofortige (gerichtliche) Kündigung rechtfertigt. Aus § 20 Abs 7 WEG, wonach die dem Verwalter nach den §§ 1002–1044 ABGB auferlegten Verbindlichkeiten weder aufgehoben noch beschränkt werden können, wird abgeleitet, dass die Regelungen des Bevollmächtigungsvertrags im ABGB zugunsten der Wohnungseigentümer zwingenden Charakter haben…
Harald Friedl, ecolex 2008/181
http://www.kwr.at/fileadmin/res/pdf/publikationen/dr-harald-friedl/wohnungs/5%20Ob%2011-08s%20ecolex%202008-181,%20528.pdf
Wenn die Hausverwaltung Ogris weiterhin Eigentümern die Kontoeinsicht verwehrt und die Bestimmungen des Hausverwaltungsvertrages nicht einhält, muss sie wohl auch sehr hoch rechtsschutzversichert sein... ;-)
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